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25.08.2025

Retention Box: 5 Fragen nach der SAP-Transformation

Archiv oder Weiterbetrieb?

Viele Unternehmen haben die erste Etappe der Transformation abgeschlossen: Produktive Systeme sind migriert, neue Workloads etabliert. Doch kaum jemand spricht über das, was zurückbleibt: Altsysteme, die nicht einfach abgeschaltet oder gelöscht werden dürfen – aus Compliance-Gründen, Prüfpflichten oder schlicht, weil niemand so genau weiß, was noch gebraucht wird.

Die Entscheidung, was mit diesen Systemen passieren soll, fällt oft zu spät, oder basiert auf Annahmen, die nicht mehr zu Ihrer realen Systemlandschaft passen.

Dieser Beitrag hilft Ihnen, strukturiert zu entscheiden, ob ein Datenarchiv ausreicht, ein weiterer Zugriff auf Ihre Daten notwendig ist und welche Möglichkeiten bestehen, eine funktionale Retention mit im Standby-Betrieb und On-Demand-Zugriff zu etablieren.

Warum ein Archiv allein selten ausreicht – und welche 5 Fragen Sie sich stattdessen stellen sollten…

1) Welche Nachweispflichten gelten für mein Unternehmen – heute und in Zukunft?

Die erste Frage, die Sie sich stellen sollten, lautet „Inwiefern haben die Daten in meinen Altsysteme noch rechtliche Relevanz“ Denn nicht jedes SAP-System darf einfach stillgelegt oder exportiert werden. Prüfer und Behörden verlangen in vielen Fällen nicht nur Zugriff auf Daten, sondern auch auf kontextbezogene Datenverarbeitung innerhalb einer funktionierenden Anwendung. Besonders Unternehmen im Finanzwesen, in der Pharmaindustrie oder mit internationalen Tochtergesellschaften unterliegen strengen Regeln (z. B. GoBD, DSGVO, FDA 21 CFR Part 11). 

Gleichzeitig spielt Ihre Transformationshistorie eine Rolle: Wurden Daten bei der Migration gekappt? Wurden komplette Module stillgelegt oder nur ausgelagert? Je nach Szenario müssen Sie gegebenenfalls in der Lage sein, Altdaten zu prüfen, zu exportieren oder sogar im Originalsystem zu validieren. 

Kurz gesagt: Nur wenn Sie wissen, was Sie nachweisen müssen, können Sie entscheiden, in welcher Art und Weise Sie Daten abrufbar halten müssen. 

2) Wie sicher und wie wartbar sind meine aktuellen Altsysteme wirklich? 

Viele Unternehmen, die weiterhin Zugriff benötigen, fahren ihre Altlandschaften einfach weiter. Das kann eine pragmatische Lösung darstellen, aber hochriskant werden, wenn die Hardware veraltet oder virtuelle Maschinen nicht mehr gewartet werden. Es entstehen Sicherheitslücken und technische Risiken, welche bis hin zu Datenverlust oder Angriffsflächen führen können. Gleichzeitig bindet der Weiterbetrieb Ressourcen, die weder wirtschaftlich noch strategisch sinnvoll eingesetzt sind.

Auch reine Archivlösungen sind nicht zwingend sicher: Sie bieten keinen Schutz vor veralteten Exportverfahren, lückenhafter Dokumentation oder technischer Inkompatibilität. 

Wir sehen in der Praxis immer wieder: Unternehmen glauben, ihre Altumgebungen seien „ruhende Systeme“. In Wirklichkeit sind sie hochriskant, wenn sie nicht gezielt abgesichert und isoliert werden. 

3) Im Audit-Fall: Sind meine archivierten Daten revisionssicher? 

Bei Audits stehen die Integrität Ihrer Daten und die Nachvollziehbarkeit von Prozessen im Fokus. Es geht darum, sicherzustellen, dass archivierte Daten lückenlos dokumentiert und jederzeit in der benötigten Form bereitstehen. 

Eine revisionssichere Archivierung erfordert daher nicht nur die Speicherung von Daten. Sie benötigt klar definierte Zugriffsprozesse, rollenbasierte Berechtigungen, lückenloses Monitoring und eine dokumentierte Systemfunktion. Ohne diese Komponenten kann es zu Inkonsistenzen kommen, die im Prüfungsfall kritisch sein können.

Kurz gesagt: Überprüfen Sie, ob Sie den Start/Stop-Prozess planbar und revisionssicher abwickeln können.

4) Was lohnt sich wirtschaftlich: Archivieren, weiterbetreiben oder eine Standby-Lösung? 

Welche Kostentreiber gibt es im gewählten Szenario? Jede Option bringt ihre eigenen Kosten – manche sichtbar, andere versteckt: 

  • Der Weiterbetrieb eines Altsystems verursacht dauerhaft die bekannten Aufwände: Infrastruktur, Wartungsverträge, Lizenzen, Security, Patching, oder häufig übersehene Betriebskosten wie Energieverbrauch und Kühlung. Auch ungeplante Notfalleinsätze können ins Gewicht fallen und ist daher in keinem Fall zu empfehlen. Stattdessen ist eine strukturierte Stilllegung oder eine kontrollierte Standby-Lösung die sinnvollere und wirtschaftlichere Alternative.
  • Die Archivierung erscheint auf den ersten Blick günstig, kann aber im Ernstfall teuer werden, etwa wenn der Zugriff auf kontextgebundene Daten fehlt oder externe Nachweise nicht ohne Systemfunktion erbracht werden können.
  • Standby-Lösungen, bei denen das System nicht aktiv läuft, aber bei Bedarf zugänglich bleibt, schaffen hier einen wirtschaftlich sinnvollen Mittelweg. Gerade wenn nur wenige klar geplante Online-Zugriffe pro Jahr notwendig sind, überwiegen die Vorteile: geringere Betriebskosten, weniger Sicherheitsrisiken und der Wegfall technischer Altlasten. 

Welche Option wirtschaftlich die beste ist, hängt stark vom Nutzungsszenario, den Compliance-Vorgaben und den internen Ressourcen ab. Wer all diese Aspekte mitdenkt, findet schneller die Lösung, die nicht nur technisch, sondern auch finanziell nachhaltig ist.

5) Wie entwickeln sich die Betriebsaufwände für ein Altsystem über seine Lebensdauer?

Mit zunehmender Zeit werden die Kosten für den Betrieb eines Altsystems zunehmen.

  • Kompatible Hardware wird durch neuere Komponenten mit oft geänderten Spezifikationen ersetzt. Neuere Infrastruktur wird oft nicht offiziell für ältere Systeme unterstützt, da es für die Hersteller unwirtschaftlich ist, jede infrage kommende Kombination aus Hard- und Software zu testen. Die Kompatibilitätsfreigaben beschränken sich daher oft auf aktuelle Soft- und Hardware. Ein Update eines alten Systems, um dessen Kompatibilität und Verfügbarkeit im Falle eines Zugriffes oder Audits zu gewährleisten, ist jedoch mit zusätzlichen Kosten verbunden.
  • Alte Software läuft in der Aufbewahrungsfrist häufig aus den Wartungszyklen und wird anschließend entweder gar nicht mehr supportet oder nur gegen Zahlung zusätzlicher Wartungsaufwände im Einzelfall weiter unterstützt.
  • Je länger das SAP Altsystem läuft, desto älter wird auch das Knowhow dafür. Mit der Zeit wird es schwerer und kostenintensiver, das notwendige Betriebsknowhow im Unternehmen zu binden oder neu zu akquirieren. 

Gerade in Azure-Umgebungen lassen sich Altsysteme mit geringem Aufwand absichern – etwa durch Bastion Hosts, segmentierte Netzwerke oder automatisierte Start/Stop-Routinen – ohne laufende Ressourcen zu binden. 

Fazit:

Ob Archivierung, Weiterbetrieb oder Retention im Standby – die richtige Wahl hängt davon ab, welche Nachweispflichten für Ihr Unternehmen gelten, wie oft Sie noch auf Ihre Systeme zugreifen müssen und welche Wirtschaftlichkeit langfristig sinnvoll ist. Wichtig ist, die Optionen frühzeitig im Transformationsprojekt zu prüfen und die Risiken wie auch die versteckten Kosten von Altsystemen realistisch einzuschätzen. Unsere Erfahrung zeigt: In vielen Fällen, in denen Nachweispflichten bestehen, erweist sich eine Retention-Lösung im Standby als die ausgewogenste Variante zwischen Sicherheit, Flexibilität und Effizienz. Gerne beraten wir Sie hinsichtlich einer passenden Strategie für Ihr Unternehmen und setzen diese auch um. Sprechen Sie uns an!